Praxeologie: Der Unternehmer #20

Praxeologie Unternehmer

Was ist ein Unternehmer? Und warum bekommt er die Gewinne, während die Arbeiter nur feste Löhne bekommen?

Im letzten Beitrag haben wir über das Konzept des katallaktischen Wettbewerbs (dem Wettbewerb auf einem freien Markt mit dem Recht auf Eigentum für jeden) gesprochen. Wir haben festgestellt, dass wahre Freiheit nur in einer freien Marktwirtschaft existieren kann, in der der katallaktische Wettbewerb die Gewalt des biologischen Wettbewerbs ersetzt hat.

Wir haben auch festgestellt, dass Ungleichheit die treibende Kraft für den Wettbewerb ist und daher bedeutet Gleichheit nicht unbedingt mehr Wohlstand. Zuletzt haben wir die Gesellschaftsorganisation untersucht und fanden heraus, warum eine Regierung mit dem Kapitalismus unvereinbar ist.

In diesem Beitrag lernen wir, was ein Unternehmer ist und welche Maßnahmen er ergreifen kann, um seinen Ressourceneinsatz zu maximieren und um eine Verbesserung seiner Lebenssituation zu erreichen. Zudem werden wir sehen, dass er dadurch gleichzeitig die Lebenssituationen aller anderen Teilnehmer der Marktwirtschaft verbessert.

Gewinn und Verlust

In einem früheren Beitrag über die Grundlagen des Handelns haben wir gelernt, dass alle Handlungen, das bewusste Ziel von Personen sind, die ein gewisses Verlangen befriedigen wollen. Wenn ein handelnder Mensch von einer Handlung profitiert und wenn er sein Ziel erreicht, dann nennt man das Profit. Wenn er sein Ziel nicht erreicht, spricht man von einem Verlust. Gewinn und Verlust sind immer persönlich und subjektiv.

Egal ob die Handlungen auf materielle oder nicht tauschbare Güter abzielen, Gewinn und Verlust leiten sich aus einem Unbehagen eines Handelnden ab. Gewinn und Verlust sind in diesem ursprünglichen Sinne psychische Phänomene, die nicht messbar sind. Es gibt keine Möglichkeit, dass andere Menschen die genaue Höhe des Gewinns aus einer bestimmten Handlung ermitteln können. Alles was wir sagen können ist, dass der Profit einer Handlung der Unterschied zwischen der erreichten Zufriedenheit nach dem Handeln mit der Zufriedenheit des Ausgangszustands ist.

Wir können dadurch sagen, dass logischerweise alle menschlichen Handlungen auf Profit abzielen. Alle Menschen wollen die Befriedigung erreichen, die sie bevor sie handeln nicht haben. Selbst wenn wir sagen, dass jemand sich selbst Schaden zufügt, zielt diese Person darauf ab Profit zu machen.

Drogenkonsum und Spenden

Betrachten wir zum Beispiel jemanden, der Drogen konsumiert. Zielt er darauf ab zu profitieren? Ja, denn wenn Menschen Drogen konsumieren, dann ist es ihr Ziel, die Wirkung der Droge zu erreichen. Sobald der Drogenkonsum abgeschlossen ist muss der Drogenkonsument feststellen, ob er zufriedenstellend ist oder nicht.

Hier ist ein weiteres Beispiel: Wenn ein Mann einem Straßenbettler einen Cent gibt, dann geht es dem Mann nicht schlechter als zuvor, obwohl er nun weniger Geld in der Tasche hat. Denn er hat sein Unbehagen, welches durch die Not des Bettlers entsteht, gelindert. Wir sehen, dass selbst in einer Aktion, die direkt auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen anderer Menschen abzielt, Gewinn für den handelnden Menschen entsteht.

In diesem Sinne können wir auch sagen, dass alle Handlungen egoistisch sind und dass auch altruistische Handlungen ein inneres Bedürfnis stillen. In einer freien Marktwirtschaft ist ein egoistisches Verhalten auch immer für die anderen Marktteilnehmer vorteilhaft.

Die Praxeologie beurteilt jedoch nicht, ob eine Handlung fair ist oder nicht. Die Praxeologie zielt lediglich darauf ab die Konsequenzen bestimmter Handlungsweisen zu verstehen. Logischerweise muss der Mann in unserem Beispiel besser dran sein, nachdem er dem Straßenbettler einen Cent gegeben hat, denn sonst hätte er es nicht getan.

Gewinn und Verlust sind die Grundmechanismen in unserem Leben. Unser Ziel ist es unsere Verluste zu reduzieren und unsere Gewinne in jedem Moment zu maximieren. Wenn die meisten Menschen über Gewinn und Verlust sprechen, dann beziehen sie sich jedoch nicht auf den psychischen Gewinn und Verlust. Sie meinen den materiellen Gewinn und Verlust. Dies ist Gewinn und Verlust in Bezug auf Geld.

Gewinn und Verlust auf dem Markt

Auf dem Markt bedeutet Gewinn machen, mehr Geld zu erhalten als auszugeben. Verlust bedeutet, mehr Geld auszugeben als zu erhalten. In diesem Zusammenhang sind Gewinn und Verlust der Ausdruck der persönlichen Werturteile aller Marktteilnehmer in Bezug auf die Beiträge eines Einzelnen zur Gesellschaft. Oder einfach gesagt: Je mehr Geld ein Mensch auf dem freien Markt verdient, desto besser hat er die Bedürfnisse der anderen Marktteilnehmer befriedigt. Verdient ist demnach auch zurecht verdient, denn der Verdienst kommt freiwillig zustande.

Gewinne unter Unsicherheit

Um zu verstehen, wie man auf dem Markt Gewinne erzielt, müssen wir noch einmal die Unsicherheit betrachten, die jede Form von Handeln enthält. Eine Einzelpersonen handelt, um ihre Ziele zu erreichen, aber sie erreicht diese Ziele nicht immer. Fehlgeschlagene Handlungen auf dem Markt führen zu messbaren materiellen Verlusten. Immer wenn in einer Wirtschaft Ressourcen verschwendet werden, dann besteht für den Einzelnen eine Möglichkeit Gewinne zu machen, indem er diese Fehler korrigiert.

Gleichzeitig sinken dadurch die Preise, weil anschließend weniger Ressourcen benötigt werden. Mit anderen Worten: Durch Investitionen in die Optimierung eines Produktionsprozesses können die Bedürfnisse der Verbraucher besser befriedigt werden, denn je größer der Preisunterschied ist, den die Verbraucher für ein bestimmtes Produkt zu zahlen bereit sind, im Vergleich zu den Kosten der Faktoren, die zur Entstehung dieses Produkts beigetragen haben, desto größer ist der Gewinn für den Hersteller.

In späteren Beiträgen werden wir uns eingehender mit der Bestimmung der Preise der Produktionsfaktoren befassen. Vorerst sollten wir jedoch verstehen, dass Gewinne und Verluste ein Hinweis auf die Zufriedenheit der Marktteilnehmer aufgrund der Handlungen des Unternehmers sind.

Geldgewinne und -verluste geben keinen Aufschluss über die Zufriedenheit des Einzelnen in einem bestimmten Moment, aber sie spiegeln die Meinungen aller anderen darüber wider, wie er ihnen gedient hat. Die Meinungen der Verbraucher werden nicht in einer Wahlurne oder einer Meinungsumfrage ausgedrückt, sondern durch konkrete Handlungen. Verbraucher entscheiden sich Geld gegen Waren und Dienstleistungen zu tauschen, weil sie die Waren und Dienstleistungen mehr schätzten als ihr Geld.

Unternehmensgewinne

Jetzt, da wir wissen, wie Gewinne und Verluste auf dem Markt funktionieren können wir der Handlungsweise jedes Einzelnen, der sein Kapital riskiert, um Gewinn zu erzielen, einen Begriff zuweisen. Er ist der Unternehmer. Der Unternehmer ist immer ein Spekulant, der sich mit einer ungewissen Zukunft befasst. Wir haben bereits über die Unsicherheit gesprochen, die jedem menschlichen Handeln innewohnt. Wir können also sagen, dass alle menschlichen Handlungen unternehmerischer Natur sind.

Aber in unserer Untersuchung der Katallaktik besteht die unternehmerische Funktion darin, die Produktionsfaktoren und Investitionsgütern für spezielle Zwecke zu bestimmen. In einem Marktumfeld ist der Unternehmer ein Kapitalist, weil er entweder das Kapital selbst besitzt oder weil er das gespartes Geld anderer Eigentümer in Produktionsfaktoren weiterleitet, in der Hoffnung, dass sich das Endprodukt für mehr als die Kosten des Unternehmers verkaufen lässt.

Oder einfach ausgedrückt: Das Ziel des Unternehmers ist es, Gewinn zu erzielen, und dies wird bestmöglich erreicht, wenn er den Verbrauchern auf die effizienteste Art und Weise dient.

Apple als Beispiel

Steve Jobs führte Apple, indem er sein einzigartiges Verständnis für Kundenbedürfnisse anwendete. Er handelte als Kapitalist, weil er die Kontrolle über Apples Kapital hatte, welches ihm vom Aufsichtsrat und den Aktionären zur Verfügung gestellt wurde. Er handelte jedes Mal als Kapitalist, wenn er Löhne an seine Mitarbeiter überwies oder die Auslagerung der Produktion an andere Unternehmen anordnete. Eine der Marktineffizienzen, die Apple bemerkt hat war die Preisdifferenz zwischen den Menschen in Amerika, welche für ein iPad bereit waren zu zahlen, und den Löhnen, die chinesische Arbeiter bereit waren zu akzeptieren.

Steve Jobs gab chinesischen Arbeitern Geld, um ein neues Produkt zu entwickeln. Des Weiteren rechnete er damit, dass die amerikanischen Verbraucher nicht nur für den Preis der Produktion zahlen würden, sondern mit einen Betrag weit über den Kosten. Dies würde bedeuten, dass die Verbraucher der Meinung sind, dass das iPad ein Produkt ist, das sie haben wollen und das Apple weiterentwickeln sollte.

Der Erfolg des iPads und die damit verbundenen Gewinne, zeigten anderen Unternehmen, dass Tablet-Computer ein gutes Geschäft waren. Die andere Unternehmen verlagerten darauf ihre Investitionsgütern, um ebenfalls ihren eigenen Gewinne zu steigern und gleichzeitig die Verbraucher besser zu bedienen.

Das Ergebnis dieses katallaktischen Wettbewerbs waren die gesunkenen Preise und damit die gesunkenen Gewinne für das Unternehmen Apple, die die Marktineffizienzen als erstes festgestellt haben. Ein Gewinnrückgang treibt die Unternehmer jedoch weiter dazu an neue Marktineffizienten zwischen den Preisen und den Bedürfnissen der Verbraucher zu schaffen und zu finden.

Der Erfolg eines Unternehmers ist immer das Ergebnis seiner Fähigkeit zu sehen was andere nicht sehen.

Doch was macht einen guten Unternehmer aus?

Wir können über die Funktion von Unternehmern auf dem Markt sprechen, aber es gibt keine Möglichkeit, die Kunst des erfolgreichen Unternehmertums zu lehren. Die Fähigkeit Produktionsprozesse, die effizienter gestaltet werden können, zu erkennen und Ressourcen besser zu investieren, ist keine mathematische Gleichung. Gewinne entstehen durch das menschliche Handeln. Für den Erfolg eines Unternehmers spielen dabei weder die Wahrscheinlichkeit noch die Statistik eine Rolle.

Wenn jemand einem Unternehmer sagt, dass 60 Prozent der Restaurants im ersten Jahr scheitern, hindert ihn das nicht daran sein eigenes Restaurant zu eröffnen. Er versucht nicht bestehende Unternehmen zu kopieren, sondern ein neues und besseres Unternehmen zu gründen.

Wenn so etwas gelehrt werden könnte, dann würde es keine Unterschiede mehr bei den Produktionskosten und keine Gewinnchancen mehr geben, denn der Markt wäre effizient. Die Kapitalisten hätten ihre Produktionsprozesse bereits heute und für den Rest der Zeit an die Bedürfnisse der Verbraucher angepasst. Dies würde bedeuten, dass jeder Kapitalist eine perfekte Vision für die Zukunft hätte, was eine klare Absurdität und ein Ding der Unmöglichkeit ist. Der Markt ist nicht effizient, aber er strebt die Beseitigung jeder Ineffizienz an.

Der Gedanke, dass wir nur besser ausgebildete Menschen in der Gesellschaft brauchen, um zu mehr Unternehmertum und damit zu mehr Fortschritt zu gelangen ist trügerisch. Unternehmertum ähnelt eher einer Kunst und wird durch Risikobereitschaft erlernt. Was für den Fortschritt allerdings zwingend benötigt wird ist Kapital.

Zusammenfassung

Gewinne sind die Löhne des Unternehmers, die er für seine Arbeit und seine Risikobereitschaft enthält. Der Unterschied zwischen einem Arbeiter und einem Unternehmer ist dabei die Gewissheit der Löhne. Während die Arbeiter an ihre Löhne gebunden sind, ist der Unternehmer der Unsicherheit des Marktes ausgesetzt. Die Arbeiter akzeptieren die fixen Löhne und erhalten im Gegenzug mehr Sicherheit. Doch wie wir schon gesagt hatten, gibt es niemals eine 100%ige Sicherheit über die Zukunft.

Der Unternehmer gibt Sicherheit im Austausch für eventuell höhere, aber dafür ungewisse Löhne, welche den Gewinnen entsprechen. Gewinne stellen dabei eine wichtige soziale Funktion in einer kapitalistischen Gesellschaft dar, da sie als Index für die Fehlanpassungen in der Gesellschaft dienen, die weiter behoben werden können. Die gewinnbringenden Unternehmer sind diejenigen, die das Risiko eingehen, ihr Kapital in die Behebung dieser Probleme zu investieren.

Wenn Unternehmer große Gewinne erzielen, dann sensibilisieren sie dadurch alle anderen in der Gesellschaft für die derzeitige Verschwendung von Ressourcen und setzen die Kräfte in Bewegung, um diese letztendlich zu beseitigen. Ebenso zeigen unternehmerische Verluste in einer kapitalistischen Gesellschaft an, dass ein Individuum zur Verschwendung von Ressourcen beigetragen hat. In unserer heutigen Zeit ist es daher merkwürdig, dass unternehmerische Profite ein so hohes Maß an Neid und Missgunst erfahren.

Kapitalismus ist ein Gewinn- UND Verlustsystem

Unsere wertfreie praxeologische Analyse verdeutlicht, dass Gewinne nicht ohne Nutzen gesteigert werden können. Daher muss auch immer die Gegenseite der möglichen Verluste erwähnt werden. Der Kapitalismus ist kein Profitsystem, sondern ein Gewinn- und Verlustsystem. Sobald wir verstehen, dass diese beiden Konzepte nicht getrennt werden können, werden wir uns der wahren Leistung eines kapitalistischen Unternehmers bewusst.

Der Markt neigt dazu ressourcensparendes Verhalten zu belohnen und ressourcenverschwendendes Verhalten zu bestrafen. Die Unternehmer, die den Verbrauchern am besten dienen, spielen letztendlich eine immer größere Rolle im Produktionsprozess, während die Unternehmer, die die Verbraucher nicht zufrieden stellen, feststellen müssen, dass ihre Ressourcen schwinden bis sie schließlich zum Job des Lohnempfängers zurückkehren müssen.

Die Unternehmen sind somit so stark ressourceneffizient, umweltschonend und nachhaltig wie es die Kunden auch nachfragen. Dies hängt wiederum von den Werteskalen der einzelnen Kunden und deren aktuellen Lebensbedingungen ab.

Wir sehen uns im nächsten Beitrag „Praxeologie: Wirtschaftswachstum #21„.
Hier geht’s nochmal zum letzten Beitrag „Praxeologie: Wettbewerb #19„.

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Beste Grüße

Leo Mattes

Quellen:

Ludwig von Mises – Nationalökonomie, Theorie des Handelns und Wirtschaftens (Buch)

Ludwig von Mises – Human Action (Buch)

Murray Rothbard – Man, Economy and State (Buch)

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