Was passiert, wenn ein Tausch zeitlich versetzt stattfindet?
Im letzten Beitrag haben wir uns mit der Kaufkraft von Geld beschäftigt und herausgefunden, dass Geld keine Illusion ist, sondern dass Geld auf einem freien Markt am letzten Tag der Warentauschwirtschaft entstanden ist.
Des Weiteren haben wir gelernt, dass Geld nicht aus dem Nichts entsteht oder von Regierungen definiert wird.
In diesem Beitrag werden wir uns anschauen, wie der Zins entsteht und wir werden zeigen, dass er in jedem Menschen und in jeder Handlung eine Rolle spielt. Der Zins ist keine Konstante, sondern wird von jedem Menschen anders je nach Lebenssituation bewertet.
Zeit ist knapp
Aufgrund unseres Handelsaxioms „Der Mensch handelt.“ haben wir gelernt, dass knappe Mittel für Ziele eingesetzt werden. Ebenso ist die Zeit knapp und ein Mittel zur Erreichung von Zielen. Es gibt somit kein zeitloses Handeln. Knappheit bedeutet, dass man „mehr“ einem „weniger“ vorzieht. Das frühere Erreichen von Zielen wird somit einem späteren Erreichen von Zielen vorgezogen.
Den Wertabschlag, den Zukunftsgüter gegenüber Gegenwartsgütern erleiden, wird Zins genannt. Somit können wir den Zins erklären und gleichzeitig zeigen, dass dieser immer positiv sein muss, weil er ein Ausdruck der Zeitpräferenz ist.
Zukünftiger Konsum unterliegt einer Unsicherheit. Menschen wissen nicht ob sie den zukünftigen Konsum erleben werden. Dies führt zu einem gewisses Ausfallrisiko, was wiederum zu einem Zinssatz führt, der das Borgen von Geld entschädigen soll und die Risikoprämie begründet.
Des Weiteren stehen jeder Handlung Opportunitätskosten gegenüber. Beim konkreten Verleih von Geld wird auf Ressourcen verzichtet, während man durch andere Handlungen Nutzen generieren könnte.
Ein Beispiel für die positive Zeitpräferenz
Wenn man etwas „jetzt“ hergibt und es „später“ zurück haben will, dann gibt man nicht 100 her und will 97 zurück. Die Zeitpräferenz ist immer positiv. Man möchte für seinen Verzicht und das Risiko belohnt werden. Somit möchte man zu einem späteren Zeitpunkt mehr als 100 zurückbekommen, wenn man „jetzt“ 100 gibt.
Ein Beispiel für den Zins
Angenommen Markus hat 1 Brot und er benötigt es gerade nicht. Des Weiteren haben Linda und Katja Hunger. Beide Frauen bieten ihm an in der Zukunft eine gewisse Menge an Brot zurück zu geben. Linda ist bereit das Brot mit 2 Broten zu ersetzen und Katja ist bereit das Brot mit 3 Broten zu ersetzen. So wird Markus das Brot Katja geben, weil sie das Brot in Zukunft weniger schätzt. Denn wer das Brot in Zukunft weniger schätzt ist bereit mehr Brot in der Zukunft einzutauschen. Markus tauscht somit sein Brot im Jetzt gegen das aktuell günstigste Brot der Zukunft ein, welches Katja anbietet.
Markus und jeder andere Mensch muss somit immer entscheiden, ob er sein Kapital im „jetzt“ konsumiert oder für „später“ spart bzw. in die Zukunft investiert. Durch den Zins wird bestimmt, wie viel von dem verfügbaren Gütervorrat für den Verbrauch in der Gegenwart und wieviel für die Vorsorge gewidmet wird.
Es gibt den Zins daher nicht, weil man spart, sondern er ist der Ausdruck für das Wertverhältnis zwischen Gegenwartsgütern und Zukunftsgütern. Dieses Wertverhältnis unterscheidet sich von Mensch zu Mensch und der reale Marktzins ist lediglich das Verhältnis, welches zuletzt auf dem Markt beobachtet wurde.
Der Zins ist in jeder Handlung
Der Zins findet sich somit nicht nur im Geld wieder, sondern in jeder täglichen Situation. Er ist uns aber am meisten durch das Geld bekannt, weil Geld der gemeinsame Nenner einer modernen Wirtschaft ist.
Wie jede Werteskala sich nach jeder Handlung ändern kann, so ist auch der Zins keine Konstante.
Wenn die Unsicherheit zunimmt, so steigt der Zins an, während er in einem sicheren Umfeld sinkt. Dies ist damit zu erklären, dass der Mensch in unsicheren Zeiten weniger dafür bereit ist auf einen Gegenwartskonsum zu verzichten und die Interessenten nun mehr für das Gegenwartsgut bieten müssen.
Ein Beispiel. Was würde passieren, wenn die Zeitpräferenz und der Zins auf null fallen? (was wir ja logisch ausgeschlossen hatten)
Dann wären die Zukunftsgüter genau so wertvoll wie die Gegenwartsgüter. Und das gesamte Einkommen in der Marktwirtschaft würde gespart und investiert werden und es würde nichts mehr konsumiert werden, und das nicht nur heute, sondern für alle Zeiten.
Was würde passieren, wenn das Ende der Welt kurz bevor stehen würde?
So würde die Zeitpräferenz und der Zins ins Unendliche steigen. Die Zukunftsgüter würden wertlos werden und die Gegenwartsgüter würden unendlich wichtig.
Wir haben somit gelernt, dass die Zeitpräferenz und der Zins niemals negativ oder null werden können, weil aus dem Handelsaxiom logisch abgeleitet werden kann, dass Gegenwartsgüter immer höherwertiger als Zukunftsgüter eingeschätzt werden.
Zusammenfassung
Der Zins ist ein Urphänomen des menschlichen Handelns und Wertens. Er ist somit in uns und in jedem handelnden Menschen. Der Zins lässt sich nicht wegdenken und kann aus dem menschlichen Handeln nicht verschwinden. Der Zins ist uns bekannt, weil er durch einen zeitversetzten (Geld-)tausch einen Wert erhält und wir somit einen Marktzins beobachten können.
Wir sehen uns im nächsten Beitrag „Praxeologie: Innovationen und Wirtschaftskrisen #26„.
Hier geht’s nochmal zum letzten Beitrag „Praxeologie: Die Kaufkraft von Geld #24„.
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Beste Grüße
Quellen:
Ludwig von Mises – Nationalökonomie, Theorie des Handelns und Wirtschaftens (Buch)
Ludwig von Mises – Human Action (Buch)
Murray Rothbard – Man, Economy and State (Buch)
Youtube-Kanal Praxgirl
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