Handeln Menschen nur um ihren Profit zu maximieren?
Im letzten Beitrag haben wir gelernt wie wichtig eine Wirtschaftlichkeitsrechnung ist. Wir haben festgestellt, dass eine Wirtschaftlichkeitsrechnung erst möglich ist, wenn innerhalb einer Wirtschaft Geld entsteht. Wir haben auch herausgefunden, dass Geld den Eigentümern von Investitionsgütern dient – den Kapitalisten. Und deshalb wird ein System in dem Kapitalisten die Produktionsmittel besitzen dürfen als Kapitalismus bezeichnet. Wir haben die Bedeutung hervorgehoben, die der Kapitalist für das Wachstum einer Wirtschaft hat.
Dieser Beitrag wird als Einführung in das Fachgebiet der Praxeologie dienen, welches sich mit Märkten befasst. Zudem werden wir die Preisbildung und die Methoden mit denen wir die Funktionsweise der Preisbildung verstehen können betrachten.
Katallaktik
Wir haben jetzt die Grundprinzipien eines Tauschs zwischen Individuen ausreichend behandelt. Wie ich bereits geschrieben habe, werden die Tauschbeziehungen zwischen Individuen, die zum gegenseitigen Nutzen entstehen, als Markt bezeichnet. Der spezielle Bereich der Praxeologie, der sich mit marktbezogenen Phänomenen befasst, wird als Katallaktik bezeichnet.
Lass dich von diesem neuen Begriff nicht erschrecken, denn die Katallaktik behandelt das, was die Menschen unter Wirtschaftswissenschaften verstehen. Die Katallaktik befasst sich mit der Bestimmung der Geldpreise von Waren und Dienstleistungen, die auf dem Markt ausgetauscht werden.
Im Gegensatz zu den Wirtschaftswissenschaften beschränkt sich die Katallaktik jedoch nicht nur auf den Austausch von Gütern, da das menschliche Handeln sich niemals nur auf die austauschbaren und materiellen Dinge des Lebens beschränkt.
Denn wir sollten nicht vergessen, dass in der Realität kein Lebensmittel nur für seine Nährkraft und kein Kleidungsstück und kein Haus nur für den Schutz vor der Kälte geschätzt wird. Ein Beispiel: Oft erhöht die Anmutung, das Design, die Ästhetik des Essens den Preis in einem Restaurant, den die Menschen bereit sind für das Essen zu zahlen. Ebenso erhöhen die umliegenden Nachbarn oder der Grundriss der Architektur den Preis eines Hauses, den die Menschen bereit sind für das Haus zu zahlen.
Wir müssen verstehen, dass das menschliches Handeln immer im Bereich der austauschbaren und der nicht austauschbaren Gütern abläuft. Katallaktische Ereignisse im Umgang mit Märkten und Geld müssen dies immer berücksichtigen.
Die Maximierung des Gewinns
Um das Phänomen des Handels durch die Katallaktik vollständig erfassen zu können, muss man die allgemeine Theorie des menschlichen Handelns – die Praxeologie – genau verstehen. Mit dem Verständnis der Praxeologie können wir mögliche Irrtümer auflösen. Wenn ein Praxeologe sagt, dass ein Käufer immer zum niedrigsten Preis einkauft und ein Verkäufer immer zum höchsten Preis verkauft, dann können wir jetzt verstehen, dass das Höchste und das Niedrigste sich nicht unbedingt nur auf die Geldpreise beziehen, sondern auf den höchsten und den niedrigsten Nutzen für das handelnde Individuum.
Dominik kauft ein Auto
Angenommen Dominik möchte ein Auto kaufen und findet heraus, dass es in der Stadt zwei Autohäuser gibt, die das gesuchte Auto verkaufen. Das erste Autohaus verkauft das Auto für hundert Geldeinheiten mehr als das zweite. Physisch sind beide Autos identisch, aber im ersten Autohaus ist der Besitzer Dominiks Schulfreund-Freund Tom. Im zweiten Autohaus ist der Besitzer jemand, den Dominik nicht kennt. Wenn Dominik das teurere Auto von seinem Schulfreund Tom kauft, so kauft er immer noch zum für ihn günstigsten Preis.
Dies liegt daran, dass es für Dominik einen zusätzlichen psychischen Vorteil darstellt von einem Freund zu kaufen, obwohl wir wissen, dass die Autos physikalisch identisch sind. Doch für Dominik sind die beiden Autos zwei verschiedene Güter und haben somit auch einen unterschiedlichen Wert.
Wie wir sehen, streben Einzelpersonen immer danach, Gewinne zu maximieren, indem sie nicht nur tauschbare Waren, sondern auch nicht tauschbare Waren berücksichtigen. Jede Theorie, die versucht das menschliche Handeln nur durch die Annahme erklärt, dass der Mensch immer nur handelt, um den Wert der austauschbaren Güter zu maximieren, ist unrealistisch.
Eine solche Theorie gilt nicht für echte Menschen, denn die Handlungen von echten Menschen werden von verschiedenen Lehren, Vorurteilen, ästhetischen Werturteilen, ethisch-religiösen und metaphysischen Erwägungen, Bräuchen, Gewohnheiten, Traditionen, sich ändernden Moden und vielen anderen Einflüssen geleitet.
Der „Homo oeconomicus“ ist somit widerlegt
Wir haben gerade die Theorie des „Homo oeconomicus“ widerlegt. Das Problem der Theorie über den „Homo oeconomicus“ ist, dass sie auf das menschliche Handeln angewendet wird und als ethische Grundlage verwendet wird, um die realen Abweichungen von der Theorie zu kritisieren. Sie lässt aber die nicht tauschbaren, immateriellen Dinge unberücksichtigt.
In der Praxeologie hingegen werden Theorien ohne ethische Urteile verwendet. Die Praxeologie verwendet sie nur für eine wissenschaftliche Erklärung der menschlichen Tätigkeit. Weil wir in der Praxeologie nicht wie in den Naturwissenschaften auf Experimente zurückgreifen können, müssen wir auf Theorien und eine logische Schlussfolgerung zurückgreifen. Wir müssen aus realen Situationen die interessanten und entscheidenden Elemente abstrahieren und bestimmen.
Ein wichtiger Punkt ist, dass jeder, der sich an einer Diskussion über Märkte beteiligt, auch Theorien verwendet. Wenn jemand argumentiert, dass die Mindestlöhne angehoben werden sollten, so ist sein Angriffspunkt die Theorie des freien Marktes. Er versteht jedoch die logischen Konsequenzen des freiwilligen Austauschs nicht. Nichts desto trotz verwendet er ebenso wie die Praxeologie eine Theorie.
Zusammenfassung
Wie wir gesehen haben, ist die Katallaktik der Zweig der Praxeologie, der sich mit allen Marktphänomenen befasst. Ihre Entstehung, ihre Auswirkungen und ihre Folgen. Das Wichtige an unserer Einführung in die Katallaktik ist, dass sie sich von den Wirtschaftswissenschaften durch eine weniger konkrete Definition unterscheidet. Wir tun dies, weil wir über den Markt hinausgehen müssen, um den Markt zu verstehen, und nicht weil wir nicht wissen was wir untersuchen.
Damit unsere Theorie vollständig ist, müssen wir sowohl die Handlungen des isolierten Individuums als auch die Handlungen auf einem freien Markt und des sozialen Gemeinwesens verstehen können.
Als nächstes werden wir die weiteren Auswirkungen eines freiwilligen Austauschs in einem ungehinderten bzw. freien Markt, in dem die Achtung der Eigentumsrechte gewahrt bleibt und keinerlei Nötigung oder Gewalt vorliegt, analysieren.
Ein freier Markt ist demnach kein System des Stärkeren, sondern könnte auch als freiwilliger Markt bezeichnet werden. Sobald wir alle Eigenschaften eines solchen Systems ausgearbeitet haben, werden wir damit beginnen die Auswirkungen von Marktinterventionen zu verstehen.
Wir sehen uns im nächsten Beitrag „Praxeologie: Der Markt #18„.
Hier geht’s nochmal zum letzten Beitrag „Praxeologie: Wirtschaftlichkeitsrechnung #16„.
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Beste Grüße
Quellen:
Ludwig von Mises – Nationalökonomie, Theorie des Handelns und Wirtschaftens (Buch)
Ludwig von Mises – Human Action (Buch)
Murray Rothbard – Man, Economy and State (Buch)
Youtube-Kanal Praxgirl
Praxeologie auf Wikipedia